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AUGUST BODENSTEIN (1897 - 1976)

Gedächtnisausstellung zum 25. Todestag

"Vita brevis, ars longa" - "Das Leben ist kurz, die Kunst währt lange" - viele Jahre zierten diese Worte des griechischen Arztes Hippokrates (460-370 v. Chr.) das Atelier des Bildhauers.

Ob nun Bodenstein den Spruch von der 1964 nach einem Entwurf von Prof. Rudolf Schmidt geschaffenen Rumplermedaille übernommen hatte, die ihm 1965 als Auszeichnung verliehen wurde, oder ob er anregte, die Worte für die Medaille zu verwenden, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Fest steht hingegen, dass Bodenstein stets danach trachtete, voll und ganz für seine Kunst zu leben und damit bleibende Werte zu schaffen. Zu Lebzeiten wurde dieses Streben mit zahlreichen Aufträgen und mehrfachen Auszeichnungen belohnt.

Doch heute, 25 Jahre nach dem Tod des Künstlers am 3. November 1976, ist Bodenstein sogar in seiner Heimatstadt Klosterneuburg großteils in Vergessenheit geraten. Die ihm gewidmete Ausstellung im Stadtmuseum und der vorliegende Katalog stellen einen Versuch dar, den Künstler die ihm zustehende Anerkennung zuteil werden zu lassen.

Kindheit und erste Lehrjahre

August Bodenstein erblickte am 1. August 1897 als Sohn von Josef Bodenstein und dessen Gattin Anna (geb. Stumpfecker) in Klosterneuburg das Licht der Welt. Im Haus Kreuzergasse 1 verlebte er nicht nur seine Kindheit und Jugend; noch im Erwachsenenalter wohnte er hier gemeinsam mit den Eltern, dem jüngeren Bruder Leopold, später auch mit dessen Frau und beiden Töchtern im engen Familienverband.

Von 1903 bis 1909 besuchte Bodenstein die "fünfjährige öffentliche allgemeine Volksschule für Knaben in Klosterneuburg", bis 1911 die "öffentliche Knaben-Bürgerschule". Nach Vollendung der Pflichtschule scheint er sich über seinen künftigen Lebensweg zunächst im unklaren gewesen zu sein. So versuchte er sich ab Juli 1911 als Lehrling bei "Reiniger, Gebbert & Schall, Gesellschaft m.b.H.", einer Wiener Spezialfabrik für elektromedizinische Apparate. Doch bereits im Dezember 1912 begann er in Klosterneuburg eine Lehre zum Bildhauergehilfen bei Carl Conrad Schwiefert, welche er am 20. Juni 1915 erfolgreich beendete.

Die Zeit des Ersten Weltkriegs brachte August Bodenstein einerseits eine Unterbrechung seiner Ausbildung, andererseits erste Kontakte zum "Verein Heimischer Künstler Klosterneuburgs".

1915 stellte Prof. Franz Rumpler, Mentor und Mitbegründer der Vereinigung, den Kollegen sein Privatatelier in der Hermannstraße 12 für Ausstellungszwecke zur Verfügung. Im Rahmen dieser Schau traf Bodenstein erstmals auf die "Heimischen Künstler".

Im Oktober desselben Jahres wurde er zum Militärdienst beim Infanterieregiment Nr. 84 eingezogen. Ansonsten existieren lediglich aus dem Kriegsjahr 1918 einige Fotos und Postkarten, die Auskunft über seine Tätigkeit bei der k.u.k. Kriegsmappierung 3 in Serbien geben. Bodenstein, der als Auszeichnungen das Deutsche Kriegerkreuz, die Österreichische Verwundetenmedaille und das Karl Truppenkreuz erhielt, wurde am 5. Dezember 1918 aus dem Kriegsdienst entlassen.

Studienzeit

In die Heimat zurückgekehrt, setzte Bodenstein seine Ausbildung zum Bildhauer an der Akademie der bildenden Küste unter Professor Josef Müllner fort. Ab 1919 besuchte er die "allgemeine Bildhauerschule", von 1923 bis 1927 die "Meisterklasse für Bildhauerei".In einem Bericht des "Neuen Wiener Journals" vom 9. Juli 1924 über die Jahresausstellung der Bildhauermeisterschule wird vor allem das Streben der Studenten, die Natur getreu wiederzugeben, gelobt. Neben Werken seiner Kollegen findet auch eine Brunnenfigur Bodensteins eine gesonderte Erwähnung.

Seinen Lebensunterhalt verdiente er in diesen Jahren als Leiter für kunstgewerbliche Einführungskurse am Gewerbeförderungsinstitut Wien IX (1925-1927) und zeitweise als Restaurator für die Stadtgemeinde Klosterneuburg. 1926 renovierte er etwa das "Schwarze Kreuz". Auch erste Aufträge stellten sich ein: 1925 schuf er die Anton Bruckner-Gedenktafel am Klosterneuburger Rathausplatz.

Während seiner Lehrjahre vertiefte Bodenstein auch seine Kontakte zum "Verein Heimischer Künstler Klosterneuburgs". Ab 1921 nahm er regelmäßig an deren Kunstausstellungen teil; 1925 (abweichenden Quellen zufolge bereits 1922) wurde er ordentliches Mitglied des Vereins.

Mit den goldenen Medaillen der Landesausstellungen Tulln und Stockerau erhielt Bodenstein Mitte der 20er Jahre erste größere Auszeichnungen seiner Arbeit.

1927 bis 1945

Wie die meisten Kunststudenten mag sich auch August Bodenstein ein Leben als freischaffender Bildhauer erträumt haben. Tatsächlich mußte er sich aber seinen Lebensunterhalt nach Beendigung seiner Studien vorerst als Lehrkraft verdienen: 1931 als Kursleiter an der Wiener Handelskammer. Neben einführenden Vorlesungen in die Kunst des Zeichnens unterrichtete er - wie erhalten gebliebene Manuskripte zeigen - auch Stilkunde sowie die Methoden der Leder- und Holzverarbeitung.

Anlässlich einer Umfrage der Klosterneuburger Zeitung "Woran arbeiten Sie jetzt?" an die heimischen Künstler im Jahr 1931, vermerkte der Bildhauer, dass seine Lehrtätigkeit einen Großteil seiner Zeit in Anspruch genommen habe, sodass er weniger an das eigene Schaffen denken könne. In seinen knappen, freien Stunden schuf er mehrere Porträts, so auch ein großes Relief, ferner eine Gartenplastik für ein Klosterneuburger Hotelrestaurant. Die intensive Arbeit lohnte sich, und bald war es ihm möglich als freischaffender Künstler seinen Lebensunterhalt zu verdingen.

Bis 1939 entstand eine Reihe von Gedenktafeln, Porträtbüsten- und plaketten, Medaillen aber auch größere Skulpturen, wie etwa der Heilige Sebastian für die Rochuskapelle (genannt "Wuzelburg") in Mannersdorf an der March (1935).

Fallweise handelte es sich um Auftragswerke; oftmals schuf der Künstler die Arbeiten jedoch aus eigenem Antrieb, in der Hoffnung, sie bei Vorlage von Fotografien an Interessenten verkaufen zu können. Dabei versuchte er so gut wie möglich vom kulturellen und politischen Zeitgeschehen zu profitieren. Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipel (1927), der Dirigent Prof. Clemens Krauß (1930), Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß (1934), Otto von Habsburg (1935) und Adolf Hitler (1938) sind nur einige, die von Bodenstein in diesen Jahren dargestellt wurden. An prominenten Klosterneuburgern entstanden Prof. Vinzenz Goller, Univ.-Prof. Dr. Erwin Mehl und Dr. Ernst Paul.

Im Zweiten Weltkrieg war Bodenstein als technischer Angestellter zum Luftgaukommando XVII eingezogen. Sein Tätigkeitsbereich umfaßte Modellbau, Innenarchitektur und künstlerische Ausschmückung von Gebäuden.

Zunächst, von November 1938 bis Dezember 1939 der Bauleitung in Stammersdorf zugeteilt, war er bis 1944 an verschiedenen Orten, etwa bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe in Udetfeld bei Breslau oder in Frankreich stationiert. Ab Dezember 1944 arbeitete er für das Staatsdenkmalamt, das spätere Bundesdenkmalamt.

1945 bis 1976

Die unmittelbare Nachkriegszeit brachte August Bodenstein sowohl privat als auch beruflich zahlreiche Veränderungen.

Im Februar 1946 ehelichte er Hedwig Bodenstein, geborene Pistracher (von der er 1961 wieder geschieden wurde). Knapp nach der Eheschließung übersiedelte das Paar laut Meldedatei in die Kierlingerstraße 16. Am 4. September 1949 wurde ihr Sohn Michael geboren.

Im beruflichen Bereich bescherten die Verwüstungen des Krieges dem Künstler eine Weiter-beschäftigung als Restaurator beim Bundesdenkmalamt. Die Aufträge waren zeitweise so umfang- und zahlreich, dass er andere Steinmetzen und Bildhauer als Helfer anstellen mußte, so etwa Stefan Fasching aus Kritzendorf oder Otto Schwiefert, den Sohn seines ersten Lehr-herren. Auch nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Bundesdenkmalamt 1947 war er weiterhin vielfach als Restaurator tätig. 1951 schrieb er in diesem Zusammenhang sogar schon über "meine Firma".

Allein in Klosterneuburg arbeitete Bodenstein u.a. an der Pestsäule am Stadtplatz (1949), am Käferkreuz (1951), an der Johannes Nepomukstatue bei der Hundskehlenbrücke (1952), am Schubert-Gedenkstein in der Kierlingerstraße (1953), an der barocken Brunnengruppe "Leda mit dem Schwan", die ehemals im Garten der Hauser-Villa Martinstraße 215 stand und die 1956 vom Verschönerungsverein am Kardinal Piffl-Platz aufgestellt wurde; weiters an der Hauptfassade des Rathauses (1959) sowie für das Stift an diversen Schäden an der Fassade der Basilika und am Epitaph Kannegießer.

Daneben war er auch vielfach in weiten Teilen Niederösterreichs und in Wien tätig. 1950/51 erhielt er einen umfassenden Auftrag von der Bauleitung des Burgtheaters betreffs der Res-taurierung von fünfzehn Gipsstandbildern, zwölf Marmorplastiken und neun überlebensgroßen Porträtbüsten. Um eine vollständige Neuherstellung durch Bodenstein handelte es sich hingegen bei der Büste des Popper-Lynkeus-Denkmals im Wiener Rathauspark. Diese schuf er nach einem vorhandenen Gipsmodell von Hugo Taglang (1951).

Um möglichst effektiv arbeiten zu können, sah sich Bodenstein mehrmals gezwungen, sein Atelier zu wechseln. Seine erste Werkstätte hatte er in Wien 6, am Loquaiplatz 11, später mie-tete er Räumlichkeiten in der Franzensgasse 25, im 5. Wiener Gemeindebezirk. 1947 ließ sich der Künstler in Kritzendorf, im Hause des Herrn Dr. Zuba in der Hauptstraße Nr. 45, ein Ate-lier errichten. In dem Ansuchen um Baugenehmigung ist dazu vermerkt: "Für die Instandset-zung kriegsbeschädigter Denkmäler ist das Atelier unbedingt erforderlich." Weitere Werk-stätten des Bildhauers waren das ehemalige Atelier Rumplers in der Hermannstraße 12 (1950) und in den 60er Jahren der Kafkagarten in der Hofkirchnergasse.

Obwohl als Restaurator durchaus ausgelastet, vernachlässigte Bodenstein niemals sein eige-nes Schaffen. In Klosterneuburg und den dazugehörigen Katastralgemeinden findet man auch heute noch zahlreiche Arbeiten des Bildhauers, auf die zu einem späteren Zeitpunkt näher eingegangen werden wird.

Trotz all dieser Aufträge scheint die finanzielle Situation Bodensteins in jenen Jahren eher prekär gewesen zu sein, wie zahlreiche Mahnschreiben und sogar Unterlagen über ein Pfän-dungsverfahren seitens der NÖ Gebietskrankenkasse aus den Jahren 1958/59 belegen.

Dadurch sah sich Bodenstein immer wieder gezwungen, sogenannte "Brotberufe" auszuüben. Von 1953 bis 1954 arbeitete er beispielsweise als "Hilfszeichner" für den Architekten Dr. Ing. Siegfried Mörth, Wien 6, Loquaiplatz 2. Ab 1. Jänner 1959 wurde er auf ein Bewerbungs-schreiben hin - mit Beschluß des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 19. 12. 1958 - als künstlerischer Experte der Stadtgemeinde bestellt.

All diese Schwierigkeiten konnten August Bodenstein nicht daran hindern, regen Anteil am Kulturleben Klosterneuburgs zu nehmen.

Nach dem Tod Ludwig Karl Strauchs am 27. August 1959 übernahm er dessen Amt als Ob-mann des "Vereins Heimischer Künstler". Finanzielle und persönliche Differenzen - nicht nur künstlerischer Natur - hatten den Verein in eine Krise geführt. Daher wurde er am 30. Juni 1961 aufgelöst. Bereits am 18. Mai 1962 konstituierte sich unter Bodensteins Vorsitz der "Künstlerbund in Klosterneuburg" als direkter Nachfolgeverein der "Heimischen Künstler". 1965 löste Otto Riedel Bodenstein als Präsident des "Künstlerbundes" ab; der Bildhauer blieb bis zu seinem Tod Vizepräsident, 1972 wurde ihm der Titel eines Ehrenpräsidenten verliehen.

Andere Mitgliedschaften dienten wohl auch dazu, dem Künstler zu Aufträgen zu verhelfen. So gehörte er etwa dem Verschönerungsverein an, der es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht hatte, Kleindenkmäler restaurieren zu lassen oder Gedenktafeln für Personen zu stif-ten, die Großes für ihre Heimatstadt geleistet hatten. Auch seine Zugehörigkeit zu der Gesell-schaft zur Pflege der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Sowietunion, dem Klosterneuburger Gesellschafts- und Bildungsverein (seit Ende der 60er Jahre) und der Be-rufsvereinigung der bildenden Künstler in Österreich mögen ihm in erster Linie berufliche Vorteile gebracht haben.

In seiner spärlichen Freizeit liebte Bodenstein fröhliche Gesellschaften, bei denen er selber oft zur Laute oder zur Gitarre griff, ebenso wie sportliche Betätigungen in der freien Natur: vor allem Schwimmen und Schi fahren. Er besaß eine Dauerkarte für das Klosterneuburger Strandbad und gehörte auch dem Skiclub Klosterneuburg an. Weiters war Bodenstein Mit-glied vom Österreichischen Touristenclub und vom Österreichischen Gebirgsverein.

Nach einem langen, schöpferischen Leben starb August Bodenstein im Alter von 79 Jahren. Wie aus bereits Gesagtem hervorgeht, folgte er seiner künstlerischen Berufung mit außeror-dentlichem Fleiß.

Zur Arbeit August Bodensteins

Schon während seiner Studienzeit an der Akademie zeigte sich Bodensteins besonderes Talent zur Herstellung von Plaketten und Medaillen, die sich in großer Menge - teils auf Gedenkta-feln, teils sogar im Entwurfsstadium - erhalten haben. Daneben schuf er zahlreiche Büsten, mehrere Statuetten sowie Freilichtplastiken, Denk- und Grabmäler. In späteren Jahren wandte er sich zusätzlich der Mosaikkunst zu.
Auch thematisch setzte sich der Künstler kaum Grenzen. Heraldische Motive, Tierdarstellun-gen, Szenerien aus der Märchen- und der Sagenwelt gehörten ebenso zu seinem Oeuvre wie Heiligen- und Madonnenfiguren. Seine besondere Liebe galt jedoch dem Porträt und dem weiblichen Akt. In diesen Bereichen schuf er auch seine "Meisterwerke". Seine Bronzetänze-rin (1946) gehört mit zu den schönsten Arbeiten, die dem Künstler je gelungen sind. Obwohl relativ spät entstanden, lassen die 38 cm hohen Figuren noch Einflüsse aus dem Jugendstil erahnen. Solche Zugeständnisse an die "Art Nouveau" finden sich bei Bodenstein immer wie-der: vor allem bei seinen Entwurfzeichnungen für ornamentalen Schmuck, für Möbel oder Kunsthandwerkliches.
Prinzipiell war der Bildhauer jedoch voll und ganz seiner Zeit verhaftet, ohne je avantgardisti-schen Strömungen zu folgen. Die meisten seiner Arbeiten sind nach der Natur gearbeitet, wo-bei er nur selten beschönigend wirkt. So werden zum Beispiel in einem Artikel in der Reichs-post vom 27. Juni 1925 die "lebenswahren Züge des Meisters (Bruckners)" gelobt.

In seinen Vorlesungen versuchte Bodenstein seinen Schülern immer wieder die Bedeutung der Zeichnung nahezubringen.

In einem Skriptum "Vortrag über Zeichnen gehalten vom Akad. Bildhauer Bodenstein" stellte er die Frage: "Was heißt eigentlich Zeichnen?" um sie folgendermaßen zu beantworten: "Zeichnen heißt: richtig sehen und das Gesehene richtig und wirkungsvoll wiedergeben zu können. In der wirkungsvollen Wiedergabe der Eindrücke liegt das Wesen, das Erhabene des Zeichnens. Das Zeichnen ist nicht dazu da, Vorhandenes fotografisch zu kopieren; wir wollen das, was wir sehen, mit geistigem, künstlerischem Auge sehen ..." und weiter: "Der prakti-sche Wert des Zeichnens ist klar. Denken wir an den Architekten, den Ingenieur, die Gesehe-nes, Erdachtes aufs Papier bringen müssen um dadurch ihre Gedanken auf andere zu über-tragen ... Das Auge zu gewöhnen richtig zu sehen, den Geist zu schärfen, das Gesehene klar zu erfassen, die Hand zu zwingen das Erfaßte wirkungsvoll wiederzugeben, der das kann, der kann zeichnen."

Entsprechend reich an Zeichnungen ist der "Nachlaß Bodenstein", seien es nun die unum-gänglichen Skizzen und exakte Vorzeichnungen für seine plastischen Arbeiten oder aber simple "Kritzeleien". In diesen beweist der Künstler ein außerordentliches Talent zum satiri-schen Cartoonisten.

Zur Entstehung einer Plakette/einer Medaille am Beispiel des Porträt-Reliefs Sr. Heilig-keit Papst Pius XII.
Anläßlich des 70. Geburtstags Sr. Heiligkeit Papst Pius XII. (1946) schuf Bodenstein ein Port-rät-Relief des Geistlichen. Dieses hatte einen Durchmesser von circa 22 cm und konnte in zwei Ausführungen erstanden werden: als braune oder als elfenbeinweiße Keramik. Von die-sem Relief sind - mit Ausnahme der Entwurfsskizzen - sämtliche Entstehungsschritte erhal-ten geblieben und dokumentieren so perfekt Bodensteins Arbeitsweise.

Als ersten Schritt zur Plakette, zur Medaille schuf der Bildhauer zahlreiche Entwurfzeichnungen. Sollten Persönlichkeiten dargestellt werden, mußte er oftmals nach Fotografien arbeiten (dies gilt auch für viele Büsten). Auf einen Entwurf festgelegt, stellte er ein erstes plastisches Modell aus Plastilin her, das auf einer Holz- beziehungsweise auf einer Glasplatte montiert wurde. Davon fertigte er ein Negativ, anschließend ein Positiv aus Gips. Diese Abgüsse konn-ten beliebig überarbeitet werden. Sobald der Künstler zu einem zufriedenstellenden Ender-gebnis gelangt war, brachte er ein Positiv als Vorlage in eine Tonwarenfabrik oder Metallgie-ßerei. Dort wurden die Plaketten beziehungsweise die Medaillen in der gewünschten Stück-zahl und dem gewünschten Material hergestellt. Fallweise wurden letzte Retouchen von Bo-denstein selber vorgenommen.

Zur Herstellung von vollplastischen Arbeiten

Auch bei all seinen anderen Arbeiten - gleich ob überlebensgroße Figuren, kleine Statuetten, Büsten etc. - begann Bodenstein mit einer Anzahl an schnell hingekritzelten Entwurfsskizzen. Hatte er eine davon ausgewählt, formte er als nächsten Schritt - nach einer exakten Vorzeichnung - ein Modell aus Ton.
Die Konsistenz des Tons ermöglichte es ihm, die Figur exakt nach seinen Vorstellungen zu modellieren. Anschließend stellte er ein, für große Arbeiten mehrere Modelle aus Gips her, das er fallweise auch ziselierte. Das Größenverhältnis des Modells zum endgültigen Werk betrug normalerweise 1:2,5.
Massenproduktionen, etwa aus Metall oder Ton, wurden maschinell in Fabriken erzeugt; Ein-zelstücke stellte der Künstler selber her.

Mittels Punktierverfahren übertrug er die Umrißlinien der Figur auf den gewünschten Stein. Diesen bearbeitete er anschließend so lange, bis er das gewünschte Ergebnis erzielte.
Leider sah sich der Künstler aus Kostengründen oft gezwungen, seine Figuren aus unedlem Material - wie etwa Gips - zu fertigen. Die Gipsfiguren färbte er fallweise mit speziellen Mi-schungen, Staubfarben oder Schelllackfirnis ein.

Aufgrund der minderwertigen Materialien sind zahlreiche Originale des Künstlers verloren gegangen. So auch eines seiner bedeutendsten Werke - die "Badende", die Bodenstein 1935 für das Strandbad Klosterneuburg geschaffen hat. Schon damals hieß es in einem Beitrag der Neuen Klosterneuburger Zeitung (Folge 28, 13. Juli 1935, Seite 5): "Den Hauptplatz unseres Strandbades schmückt eine herrliche Arbeit unseres heimischen Bildhauers Prof. August Bo-denstein. Sie erregt allseits aufrichtige Bewunderung und es wird allgemein bedauert, daß die herrliche Figur aus unedlem Material ist, welches der baldigen Verwitterung anheimfalln wird ..."

Andere wurden von ihrem ursprünglichen Aufstellungsort entfernt und in Depots zwischenge-lagert. So auch das Relief des Wiener Tores, das im Juli 1953 am Postgebäude Leopoldstraße 18 - Roman Scholz Platz, wo es sich einst befand, angebracht wurde. Die Gedenktafel hatte Bodenstein gemeinsam mit Fasching nach dem bekannten Gemälde des Malers Friedrich Phi-lipp Reinhold aus dem Jahre 1818 geschaffen. Wieder andere, wie etwa die Gedenktafel für August Bianchi (Assistent an der Meisterschule für Bildhauerei an der Akademie der bilden-den Künste in Wien), die 1927 in Weidling enthüllt wurde, sind derzeit verschollen. Dennoch lohnt es sich auch heute, Klosterneuburg "auf den Spuren August Bodensteins" zu erforschen.

Auf den Spuren August Bodensteins

In den Klosterneuburger Nachrichten (Nr.30, 29. Juli 1967, Seite 3) hieß es anläßlich des siebzigsten Geburtstags von August Bodenstein: "1897 in Klosterneuburg aus einer Familie geboren, die großväterlichseits aus Rumplers Geburtsstadt Tachau in Westböhmen einge-wandert war, hat er durch seine Kunst an unserem Stadtbilde mitgeformt, aber auch darüber hinaus sich als erfolgreicher Restaurator bewährt."
Noch heute, 34 Jahre später, haben diese Worte ihre Gültigkeit nicht verloren. Arbeiten von August Bodenstein sind fast überall in Klosterneuburg zu finden, in der Oberen und Unteren Stadt und in vielen Katastralgemeinden.

Am Haus Rathausplatz Nr. 11 ist eine Anton Bruckner-Gedenktafel angebracht. Diese, eine Spende der Klosterneuburger Urania, soll unter anderem auch daran erinnern, dass der be-rühmte Komponist (1824-1896) hier häufig als Gast der Familie Schatz weilte. Die Gedenkta-fel, 1925 enthüllt, gehört zu den frühen Werken des Künstlers. Nur ein paar Schritte entfernt, am Haus Rathausplatz 3, befindet sich das Klosterneuburger Stadtwappen.

Unweit vom Rathausplatz, ist am Gymnasium in der Buchberggasse ist die Gedenktafel für Prof. Dr. Eugen Bormann (1842-1917) - Wissenschaftler, Universitätsprofessor und Volks-bildner -zu sehen. Am 24. Juni 1928 feierlich enthüllt, handelt es sich auch bei ihr um eine Stiftung der Klosterneuburger Urania.
Im Sachsenviertel befinden sich zwei Werke des Bildhauers. Im Jahr 1967 schuf er das Mosa-ik "der Rattenfänger", das an der Fassade des Landeskindergartens angebracht ist und die Vielfältigkeit im Schaffen des Künstlers ausgezeichnet dokumentiert.

Im Juni 1954 wurden an der Weidlingerstraße 41-43 drei neue Gemeindebauten eröffnet. Für die künstlerische Ausgestaltung der Grünanlage zeigte sich Bodenstein verantwortlich, der dafür die Figur einer stehenden "Badenden" schuf. Diese darf keinesfalls mit der "Badenden" von 1935 verwechselt werden, bei der es sich - laut Aussagen einiger Zeitzeugen - um eine "Sitzende" gehandelt haben soll.

Gleich vier Werke können Bodenstein bei der Pfarrkirche St. Martin zugeschrieben werden: erstens die Walter von der Vogelweide-Bank, zweitens das als das "Tiroler Eck" bekannte Knebelsberger-Denkmal, drittens die Gedenktafeln für Josef Brandstätter und viertens die Gedenktafel für Johann Georg Albrechtsberger.
Die älteste der Arbeiten ist die Gedenktafel für Josef Brandstätter, dem Begründer und Ob-mann des Glockenkomitees Klosterneuburg. Die Tafel wurde ihm von seinen Freunden, Ka-meraden und Bekannten 1927 gewidmet und ist heute an der Nordwand der Martinskirche angebracht.

Am Martinitag 1203 soll Walter von der Vogelweide als Gefolgsmann Bischofs Wolfgers von Passau in St. Martin geweilt haben. Zum 750. Gedenken daran stiftete der Verschönerungs-verein im November 1953 die mit einem Relief des großen Minnesängers geschmückte Bank.

Gleichfalls eine Stiftung des Verschönerungsvereines ist die Albrechtsberger-Gedenktafel. Johann Georg Albrechtsberger (1736-1809) wird nicht nur als Lehrer Ludwig van Beethovens und als Domkapellmeister von St. Stephan verehrt, sondern auch als Komponist. Die Tafel, 1961 geschaffen, soll an seinen 150. Todestag erinnern.

Das Denkmal des hier geborenen Leopold Knebelsberger (1814-1869), dem Schöpfer des Andreas Hofer Liedes "Zu Mantua in Banden", ist ein Auftragswerk des Glocken- und Kne-belsberger Aktionskomitees aus dem Jahre 1964. Es ist nicht nur Erinnerungsmal an den Mu-siker, sondern drückt auch einen tiefgreifenden symbolischen Gedanken aus: der mächtige, vergoldete Adler aus Erz versucht mit seinen Fängen die oben im Stein klaffende Spalte zu schließen und ist damit Sinnbild für die Hoffnung, dass die Landesteile wieder vereinigt werden.
Auch Entwürfe für Grabmäler und Grabkreuze finden sich im Oeuvre des Bildhauers sehr häufig. Einige davon wurden realisiert; so etwa das Familiengrab Bodenstein am "Unteren Stadtfriedhof", wo auch der Bildhauer selbst zur letzten Ruhe gebettet wurde.

Auch in den Katastralgemeinden ist das Werk Bodensteins allgegenwärtig.

Am 29. November 1953 fand in Weidling die feierliche Enthüllung und Weihe des Kriegerdenkmales statt. Dieses hatte Bodenstein im Einvernehmen mit dem Denkmalausschuß gestaltet und auch die Keramik-Opferschalen und die beiden Kreuze gespendet. Das Denkmal ver-zeichnet als Gefallene der beiden Weltkriege 167 Namen.

Gleichfalls in Weidling ist eine Gedenktafel für Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall (1774-1856) erhalten geblieben. Dieser war ein großer Orientalist sowie der Schöpfer und erste Prä-sident der Akademie der Wissenschaften. Im Haus Janschkygasse 6 verbrachte er viele Som-mer als Zögling und später als Gelehrter. Anläßlich der Kulturtage 1958 wurde hier von der Stadtgemeinde Klosterneuburg die Gedenktafel angebracht; der Verschönerungsverein Klos-terneuburg und die Akademie der Wissenschaften hatten sich an den Kosten beteiligt.

Ein Auftrag des Kulturamts der Stadtgemeinde war auch die Gedenktafel für Karl Wunderl (1858-1911), die in Kierling, am Haus Kirchenplatz 2 zu sehen ist. Der Pianist, talentierte Volkssänger und Gründer der Kierlinger Sängerrunde galt als wahrer Magnet für den Zustrom der Ausflügler.

Neben dem "Rattenfänger" ist die Darstellung des "Sankt Florian" an der Kierlinger Feuer-wehrstation ein weiteres Beispiel für Bodensteins Mosaikkunst. Unterstützt vom akademi-schen Maler Karl Heigl wandte sich der Bildhauer immer mehr dieser Technik zu. Das Feuerwehrdepot wurde 1970 eröffnet.
Am Friedhof in Kritzendorf ist das Abéle-Grab erhalten geblieben. Dieses zählt - wie auch das Familiengrab Bodenstein - zu den wenigen sepulkralen Arbeiten, von denen sowohl Skizzen, Dokumente als auch das ausgeführte Werk erhalten sind.

Natürlich mußte Bodenstein auch zahlreiche Klein- und Kleinstaufträge annehmen. So schuf er einige Geschäftstafeln - z.B. für das ehemalige Verkehrsbüro am Rathausplatz - und mehrere Stadtwappen. Eines davon befindet sich am Wasserbehälter Ecke Käferkreuzgasse - Freisingergasse. Von den meisten dieser "Häuserverzierungen" (aber auch von einigen der größeren Arbeiten) ist der Schöpfer allerdings in Vergessenheit geraten - sei es nun Bodenstein oder einer seiner Bildhauerkollegen.

Mag. Veronika Pfaffl, Archiv der Stadt Klosterneuburg.